Zuckerrübenroder für Versuchsparzellen

Rübenroder hinter Traktor im Einsatz auf einem Zuckerrübenfeld (alle Bilder © Bräutigam GmbH)
Rübenroder hinter Traktor im Einsatz auf einem Zuckerrübenfeld (alle Bilder © Bräutigam GmbH)

Sondermaschinenbau für die Landtechnik – Entwicklung eines Zuckerrübenroders für Versuchsparzellen

Die Firma Bräutigam GmbH aus dem nordhessischen Gudensberg ist Spezialist für landtechnischen Sondermaschinenbau. Zehn Mitarbeiter entwickeln, konstruieren, fertigen und montieren anspruchsvolle Landtechnik.

Blatttaster (v. re. n. li.), Blatthäcksler, Rübenroder in Arbeitsposition. Rechts oberhalb der Deichsel Zapfwelle mit Pumpenverteilergetriebe und Hydraulikpumpen, oberhalb des Blatthäckslers Hydrauliktank mit Kühler.
Blatttaster (v. re. n. li.), Blatthäcksler, Rübenroder in Arbeitsposition. Rechts oberhalb der Deichsel Zapfwelle mit Pumpenverteilergetriebe und Hydraulikpumpen, oberhalb des Blatthäckslers Hydrauliktank mit Kühler.

Im Jahr 2019 fiel der Startschuss für ein Projekt, welches gemeinsam mit einem international tätigen Pflanzenzüchtungs- und Biotechnologie-Unternehmen aus Deutschland umgesetzt wurde. Ziel war es, einen gezogenen Zuckerrübenroder zu entwickeln, der drei Reihen rodet, keine Vermischung der Rüben aus den verschiedenen Parzellen zulässt und alle Rüben aus einer Parzelle in einen Sack befördert. Die Parzellen, für die der Rübenroder entwickelt wurde, sind ca. 10 m lang, nach 1,5 m ohne Rüben beginnt die nächste 10 m-Parzelle. In den Parzellen sind unterschiedliche Sorten angebaut, weswegen eine Vermischung zu vermeiden ist, da anschließend Untersuchungen der Inhaltsstoffe stattfinden.

Herkömmliche Rübenroder sind meist mit sechsreihigen Rodeaggregaten ausgestattet und befördern die gerodeten Rüben zunächst in einen Bunker. Von dort werden sie auf eine Miete befördert oder direkt in Anhänger übergeladen. Ein solcher Rübenroder ist hierbei nicht einzusetzen, da es im Bunker zu Vermischungen der verschiedenen Rüben aus den Parzellen kommt. Außerdem verfügen herkömmliche Rübenroder über keine Abfüllanlage für Rübensäcke.

Grundlage bei der Entwicklung der Maschine sind Rodetechnikkomponenten eines deutschen Herstellers von Rüben- und Kartoffelrodetechnik. Da diese Komponenten jedoch standardmäßig sechsreihig gefertigt werden, stellte sich die Herausforderung alle Komponenten zu halbieren, um die geforderten drei Reihen roden zu können. Die Deichsel, der Rahmen und die Anbindung der Rodetechnik wurden im Hause Bräutigam entwickelt, konstruiert, gefertigt und lackiert. Alle tragenden Bauteile wurden per FEM auf Festigkeit und Verformung untersucht.

Steffen Bräutigam studierte Maschinenbau an der Universität Kassel. Nach dem Studium arbeitete er zunächst zwei Jahre als Berechnungsingenieur bevor er 2014 in die Bräutigam GmbH als CAD-Konstrukteur einstieg. Seit 2017 ist er Gesellschafter-Geschäftsführer des Unternehmens, das 1987 durch seinen Vater Klaus Bräutigam, der ebenfalls als Geschäftsführer im Familienbetrieb tätig ist, gegründet wurde. Bereits während des Studiums lag Steffen Bräutigams Schwerpunkt auf der Landtechnik, welches er 2012 mit der Diplomarbeit beim international agierenden Landmaschinenkonzern CLAAS in Harsewinkel abschloss.
Steffen Bräutigam studierte Maschinenbau an der Universität Kassel. Nach dem Studium arbeitete er zunächst zwei Jahre als Berechnungsingenieur bevor er 2014 in die Bräutigam GmbH als CAD-Konstrukteur einstieg. Seit 2017 ist er Gesellschafter-Geschäftsführer des Unternehmens, das 1987 durch seinen Vater Klaus Bräutigam, der ebenfalls als Geschäftsführer im Familienbetrieb tätig ist, gegründet wurde. Bereits während des Studiums lag Steffen Bräutigams Schwerpunkt auf der Landtechnik, welches er 2012 mit der Diplomarbeit beim international agierenden Landmaschinenkonzern CLAAS in Harsewinkel abschloss.

Der Rübenroder weist eigene Load-Sensing-Hydraulikkreisläufe mit Hydraulikölkühler und Hydrauliköltank auf. Per Gelenkwelle treibt der Traktor ein Pumpenverteilergetriebe an, an dem drei Axialkolbenhydraulikpumpen angeflanscht sind. Drei elektrohydraulische Steuerblöcke mit Proportionalventilen sind für die einzelnen Funktionen, wie das Anheben von Hydraulikzylinder oder das Antreiben von Hydraulikmotoren des Rübenroders, zuständig. Die Bedienung aller Funktionen erfolgt über einen Multifunktionsgriff und ein 4,3“ TFT-Farbdisplay, welches per CANBUS (J1939) mit den Microcontrollern, die mit den Stellgliedern der Steuerventile verdrahtet sind, kommuniziert. Die gesamte Steuerungs- und Regelungstechnik wurde ebenfalls im Hause Bräutigam entwickelt, programmiert und installiert. Um die Rüben zu roden wird zunächst mit einem Schlegel-Häcksler das Blatt vom Kopf der Rübe geschlagen. Ein Nachköpfer in Form eins federgelagerten, parallelogrammgeführten Messers trennt anschließend den Rübenkopf mit noch vorhandenen Blattresten vom Rübenkörper sauber ab. Erst danach beginnt der eigentliche Rodeprozess. So genannte V-förmig angeordnete Rüttelschare graben sich mit gegenläufig kreisenden Bewegungen in die Erde und heben auf Grund der Bewegung und ihrer Geometrie die Rübe aus der Erde. Eine Tastradwelle mit Gummipaddeln unterstützt die Rüttelschare beim Rodeprozess. Die Paddel befördern die gerodeten Rüben auf ein erstes Stabförderband. Von dort gelangen die Rüben auf verschiedene Reinigungswalzen mit spiralförmiger Wendelung, wodurch Erde und restliches Blatt abgeschieden wird. Am Ende der Reinigungswalzen gelangen die Rüben auf einen rotierenden Siebstern, der eine Gutflussumlenkung von 90° und eine weitere Reinigung bewirkt. Vom Siebstern gelangen die Rüben auf ein Überladeband, an dessen Ende eine Absackvorrichtung montiert ist. Alle Rüben einer Parzelle werden somit in einem Sack mit einem Fassungsvermögen von bis zu 120 kg gesammelt. Zu Beginn der nächsten Parzelle startet der Vorgang erneut.

Für die exakte Reihenführung ist ein Blatt-Taster zuständig, der am Schlegel-Häcksler montiert ist. Zwei gelagerte Kufen erfassen die Köpfe der Rüben, dadurch wird ein Winkelpotentiometer bewegt, welches einen Spannungswert von 0,5 bis 4,5 V ausgibt, wobei 2,5 V die Mittelposition ist. Mit Hilfe des Werts des Potentiometers wird die hydraulisch schwenkbare Lenkdeichsel so gesteuert, dass der Rübenroder stets in den Reihen geführt wird.

Ein weiteres technisches Highlight ist die Lenkachse der Maschine. Diese dient dazu, auf dem Feld enge Kurvenradien fahren zu können und den Roder parallel zum Traktor in die Reihe zu lenken. Der Einschlagwinkel der Achsschenkellenkung wird ebenfalls per Winkelpotentiometer erfasst. Die Sollwertvorgabe erfolgt durch ein Gyroskop (Kreiselinstrument), welches auf dem Traktor platziert wird. Beim Fahren einer Kurve wird die Winkelgeschwindigkeit als analoges Spannungssignal ausgegeben. Mit Hilfe dieses Wertes wird ein Gleichlaufhydraulikzylinder an der Lenkachse angesteuert und entsprechend eingelenkt.

Um den Rodeprozess und den Gutfluss stets gut um Blick zu behalten, befinden sich auf der Maschine vier Kameras, mit denen alle Schritte auf einem Display in der Kabine des Traktors verfolgt werden können. Die Maschine erhält eine 40-km/h-Straßenzulassung, für die eine TÜV-Abnahme erfolgte. Bei dem Rübenroder handelt es sich im einen Prototyp, der im Jahr 2020 ausgiebig in Deutschland getestet wird. Anschließend ist der Einsatz in einer Niederlassung des Auftraggebers in Russland vorgesehen. Weitere Maschinen dieser Baureihe sind geplant und weitere Informationen erhalten Sie unter www.braeutigam-landtechnik.de

Quelle:  VDI – technik Nordhessen, 19. Ausgabe 1-2021 „Agrartechnik“